Orquesta Típica Miguel CalóDas Orchester der StarsMiguel Caló28.10.1907 +24.05.1972 StatusEntdecker großer Talente, perfekte Tanzmusik Aufnahmen:384 KaufeDie mit Abstand besten Aufnahmen gibt es wie fast immer bei www.tangotunes.com. |
AL COMPÁS DEL CORAZÓNRaúl Berón (1942) |
Stilrhythmisch, elegant, melodisch, wie Kammermusik Merkmaleharmonisch, ausbalanciert, lyrische Sänger, in Einzeltöne aufgelöster, nachgeschobener Schlussakkord, kurze virtuose Soli |
Größte HitsAl Compás del Corazón (1942), Que falte que me haces (1962) |
Wichtigste SängerAlberto Podestá (1924 – 2015) Raúl Berón (1920 – 1982) Jorge Ortiz (1912 – 1989) Raúl Iriarte (1916 – 1982) |
Bedeutende MusikerPiano/Arrangement: Osmar Maderna Geige: Raúl Kaplún, Enrique Francini Bandoneon: Armando Pontier, Domingo Federico |
Caló macht Tanzende wie Hörer glücklich: ein präziser, abwechslungsreicher Compás, ausbalancierte, wenig überladene Arrangements, virtuose Soli, wunderbare Stimmen. Einziges Manko: Vieles wurde schon zu oft gespielt.
Miguel Caló selbst war ein solider Musiker und erfolgreicher Geschäftsmann, vor allem aber hatte er ein sehr gutes Händchen bei der Auswahl und Förderung blutjunger, genialer Musiker, die oft erst kurz zuvor den Schritt aus der Provinz ins brodelnde Buenos Aires gewagt hatten. Um 1940 hatte er sich einen Talentschuppen zusammengestellt, der seinesgleichen suchte. Fast alle Musiker gründeten wenige Jahre später eigene Orchester. Mit insgesamt rund 250 Kompositionen, die oft in Zusammenarbeit mit ihrem Kumpel und genialem Tangopoeten Homero Expósito entstanden, sowie durch ihre virtuose Spielweise, trugen sie zum Höhepunkt der Tangokultur zu Beginn der 40er-Jahre bei.
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PorteñisimoMaja Petrović & Marko Miljević - Polen, 2016
Mi NataíNoelia Hurtado and Carlitos Espinoza - Berlin - 2018
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Caló, Ältester von 16 Geschwistern einer musikalischen Familie italienischer Abstammung, spielte früh – gegen den Willen des Vaters – Geige. Nachdem dieser die Leidenschaft seines Sohnes entdeckt hatte, zerstörte er die Geige, doch Caló erbettelte sich als Fünfzehnjähriger vom Patenonkel ein Bandoneon. Der talentierte Pibe (Kleiner) beeindruckte mit seinem neuen Instrument bald darauf als Begleiter von Stummfilmen im benachbarten Kino und konnte die bitterarme Familie mit 250 Pesos pro Monat unterstützen. Der Einstieg in die große Welt des Tango gelang, als ihn Osvaldo Fresedo 1926 entdeckte. Eigene Orchestergründungen Calós waren von kürzerer Dauer, 1931 begleitete er Fresedo in die USA. Erst Calós Orchester von 1934, in dem auch einige seiner Brüder mitspielten, erwies sich als stabiler. Die 18 Aufnahmen, die zwischen 1934 und 1938 entstanden, sind ansprechend, aber nicht herausragend. Zwischen 1937 und 1940 rekrutierte Caló dann die Musiker, die bis zur Auflösung 1944 als Orquesta de las Estrellas in die Geschichte eingingen. Caló gelang es, seine Talente zu fördern und ihrer Kreativität freien Raum zu lassen – und gleichzeitig immer, ganz in der Tradition seines frühen Förderers Osvaldo Fresedo, seine Vorstellung von Harmonie und gutem Geschmack durchzusetzen. Doch auch die meisten Stücke des neuen Orchesters nach 1944 sind von großer Feinfühligkeit und Subtilität. Zwar verließ Osmar Maderna 1944 das Orchesters wegen eines Streits, doch Caló unterstützte großzügig seine ehemaligen Musiker dabei, mit neuen Formationen ihren eigenen Weg zu gehen. Und er schaffte es, auch in den nächsten Jahrzehnten im Geschäft zu bleiben. Zu Beginn der 60er-Jahre gelang ihm sogar noch einmal ein Comeback mit den ‚Estrellas’ der 40er. Nicht nur Calós Komposition Que falta que me hacés (1962), einer der ganz großen Tangos, ist Beweis für die anhaltende Klasse dieser Musiker sondern auch die großen, erhabenenen Instrumentalklassiker dieser Jahre wie Porteñisimo, Sans Souci, Tierra Querida oder Entre Dos (1969) |
Die MusikIn einzigartiger Weise verschmelzen in diesem Orchester eher traditionelle Elemente wie ein regelmäßiger Compás mit großer Musikalität. Durchdachte Arrangements mit filigranen Soli und sensiblen Melodielinien der feinfühligen Sänger, die sich in Timbre und Phrasierung ein wenig an Carlos Gardels Gesang orientieren, gesellen sich zu großer rhythmischer Klarheit. Herausragende ArrangeureVerantwortlich für diesen sehr ausbalancierten Sound waren die Arrangeure, zunächst Miguel Nijensohn, dann Argentino Galván, vor allem aber seit 1939 der junge Pianist Osmar Maderna. Seine präzisen Arrangements geben den virtuosen Musikern immer wieder Raum für kurze, einprägsame, melodische Soli, in denen vor allem Maderna selbst, aber auch die Geiger Raúl Kaplún und Enrique Francini sowie die Bandoneonisten Armando Pontier und Domingo Federico ihre Fähigkeiten leuchten lassen. Darunter erklingen, oft während der Soli, kurze synkopierte, rhythmische Muster, wodurch auch lyrische Passagen oder die sehr weichen Gesangspartien mit lebendiger Phrasierung und einer gewissen Energie umspielt werden. Viele der Musiker des Orchesters komponierten und arrangierten und leiteten dann selbst die Proben. Indem Caló seinen Musikern so viel Freiraum gab, trug er wohl selbst dazu bei, dass sie ihn nach wenigen Jahren verließen und ihre eigenen Orchester gründeten. |
Margot
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ValsesPedacito de cielo (1942), Bajo un cielo de estrellas (1941), Jugando ... jugando (1946) oder El vals soñador (1942) – letzterer mit einem Vibraphon-Solo, auch das ein Zeichen dafür, dass die Musik des Orchesters in der Tradition von Osvaldo Fresedo steht – haben, wie im Vals üblich, positiv gestimmte Titel und Texte. Sie sind fast kammermusikalisch instrumentiert, vermeiden Hektik und Expressivität und lassen Tanzende, auch wegen der von Berón und Pedostá mit samtigen Stimmen vorgetragenen Melodielinien, wie auf Wolken durch die Ronda schweben. Romantik pur! |
Pedacito de cieloSilvina and Murat, Hamburg, 2022 |
MILONGA ANTIGUA Raul BeronMaria Filali - Gianpiero Galdi - 2022 |
MilongaDie für Calós Sänger typische, eher freie rhythmische Phrasierung belebt Tangos und Valses, den Milongas fehlt dadurch aber teilweise Präzision und Klarheit. Einige Milongas wie Azabache (1942) sind eigentlich Candombes oder haben einen an die Candombe angelehnten Rhythmus. DJs wählen Calós Milongas nur mit Bedacht und mit Rücksicht auf Tanzende und Stimmung. |
TangoDie Aufnahmen, die zwischen 1941 und 1944 entstanden, überzeugen fast durchgehend, nach 1945 ist manches anspruchsvoller und rhythmisch wenigwer eindeutig arrangiert. Aus der großen Masse kann ich nur auf einige der vielen Hits verweisen, die bisher im Text nicht genannt wurden: Instrumental: Saludos (1944), Tierra querida (1944), Inspiración (1943), Sans souci (1944) Sänger Alberto Podestá: Yo soy el tango (1941), Dos fracasos (1941), Percal (1943), Si tú quisieras (1943) Sänger Raúl Berón: Lejos de Buenos Aires (1942), Trasnochando (1942), Tarareando (1942), Cuatro Compases (1942) Sänger Jorge Ortíz: Ya sale el tren (1942), Barrio de tango (1943), Pa’ que seguir (1943), A las siete en el café (1943) Sänger Raúl Iriarte: Trenzas (1945), Fruta Amarga (1945) oder Gimme el viento (1943)
www.Tangotunes.com veröffentlichte 2016 alle Aufnahmen des Orchesters zwischen 1941 und 1950 in herausragender Qualität |
– Marión, Iriarte, 1943Noelia Hurtado and Carlitos Espinoza, 2017, Rumänien |
Exkurs: Die Pension AlegríaViele der jungen Sterne des Caló-Orchesters waren gerade erst aus der Provinz nach Buenos Aires gekommen, für viele war die Pension Alegría erste Heimat. Dies war ein besonderer Ort. Der Herbergsvater, Humberto Cerino, liebte den Tango. Er stellte sein Haus bevorzugt jungen Musikern zur Verfügung, die in Mehrbettzimmern hausten und Tag und Nacht gemeinsam übten. Neben den vielen Bandoneons und Geigen der Musiker beherbergte das Haus selbst drei Klaviere. Den oft finanziell völlig ausgebrannten Musikern gewährte Cerino großzügig Kredit bis zum nächsten Engagement, während seine Frau den Hunger der jungen Bande bevorzugt mit Linsensuppe stillte. Zu den Gästen zählten aus dem Caló-Orchester Enrique Mario Francini, Armando Pontier, der Pianist Hector Stamponi, der Arrangeur Argentino Galván, während der Texter und Bohemien Homero Expósito regelmäßiger Gast seiner Freunde war. Ein wichtiger Treffpunkt war, so wird berichtet, ein Café gegenüber, das vor allem durch die Schönheit der Dame glänzte, die die Schellacks an der Victrola abspielte. |