Carnaval de mi barrio (27.03.1939)Musik und Text: Luis RubisteinOrchester Edgardo Donato |
Edgardo Donato - Lita Morales und Horacio Lagos - 1939
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Unzählige Tangos verweisen direkt (Carnaval, Siempre es Carnaval, Después Carnaval) oder indirekt (Ríe, Payaso/Lache, Clown) auf die von den Einwanderern mitgebrachte Tradition der días locos vor den Osterfeiertagen, die ja in Südamerika auf die Sommermonate fallen und daher umso mehr zum ausgelassenen Feiern einladen. Zwar erlebten Tangotanz und -musik über viele Jahrzehnte im Karneval ihren Höhepunkt, doch innerhalb der Karnevalskultur Argentiniens ist der Tango nur einer von vielen Bausteinen, insbesondere der Carnaval de Barrio hatte viele Facetten. Karneval der Afro-Amerikaner – Candombe-PartysDie ersten Karnevalsfeiern lassen sich zu Beginn des 17. Jh. nachweisen. Mit dabei waren in den folgenden Jahrhunderten Argentinier afroamerikanischer Herkunft, die auch zum Karneval ihre traditionellen Tänze pflegten, insbesondere in Form von ausgelassen getanzten Candombe-Umzügen. Nach deren Verbot 1778 feierten die Afroargentinier zeitweise in den Gemeinderäumen ihrer Viertel. Diese werden manchmal als eine Keimzelle des Tango angesehen, vermischten sich doch hier Ende des 19. Jahrhunderts vielleicht Candombe, Habanera und andere Tänze zu Vorformen des Tango.
Umzüge der Murgas beim Carnaval de Barrio
Ähnlich wie in Europa und Brasilien bilden Umzüge den Höhepunkt der Feierlichkeiten. |
KarnevalsbräucheWährend, passend zu den sommerlichen Temperaturen, überall auf den Straßen Wasserschlachten mit Eimern, Schläuchen und allem, was greifbar war, stattfanden, neckten sich die Angehörigen der Oberschicht um 1940 elegant mit kleinen Wasserspritzen, die mit Duftwasser, Tinte oder auch dreckiger Brühe gefüllt waren. Es ging darum, seine Spuren zu hinterlassen, ein Brauch, den vor allem die Damenwelt pflegte. |
Einen tollen Einblick in das Treiben gibt der Film Carnaval de Antaño von 1940Gedreht 1940 historisiert dieser Film den Karneval in den Jahrzehnten davor. (Z.B. bei 00:08 oder 1:08)
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Im Griff der konservativen AutoritätenNicht nur das Karnevalstreiben der afroamerikanischen Gruppen war der konservativen Oberschicht ein Dorn im Auge. Immer wieder reglementierten die Regierungen das Volkstreiben und verboten die Schlachten mit Mehl, Eiern, aber auch die für den argentinischen Karneval so typischen Wasserschlachten. Nachdem der liberalere Präsident Sarmiento, selbst ein großer Fan des Karnevals, der wild mitfeierte, die Zügel 1853 wieder gelockert hatte, musste er 1871 die Tänze und das Treiben verbieten: Seuchenschutz war angesagt, das Gelbfieber ging in Buenos Aires um. Auch das Maskentragen wurde immer wieder eingeschränkt: 1932 musste man sich von der Polizei zuvor die Unbescholtenheit bestätigen lassen, wollte man sein Gesicht hinter einer Maske verstecken. Im Jahr 1938 waren alle Masken verboten, die traurig oder makaber waren, um Kinder nicht zu erschrecken und Erwachsene nicht zu ängstigen. Am repressivsten agierten erwartungsgemäß die diktatorischen Regime. Getrieben von der Angst vor der Straße und konservativer Regelungswut wurde das Karnevalstreiben nach den Putschen der Jahre 1930, 1943, 1955 und 1966 jeweils stark eingeschränkt. Die letzte, brutalste Militärregierung strich nach der Machtübernahme 1973 den Karneval ganz aus dem Kalender. |
Und so fingen die Karnevalstraditionen erst Ende der 80er langsam wieder zu leben an. Seit 1997 fördert der Stadtrat von Buenos Aires vor allem in sozial benachteiligten Vierteln Murgas mit dem Ziel, Kultur und Bildung, aber auch Alphabetisierung, Gesundheit oder Ernährung zu fördern. Spätestens seit die Karnevalsferien 2011 wieder eingeführt wurden, müssen sich die Hochburgen wie Entre Ríos oder Gualeguaychú mit ihren gigantischen Umzügen mit über 12000 Menschen auch vor den brasilianischen Samba-Schulen nicht mehr verstecken.
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Video vom Carnaval de Gualeguaychú 2019
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Karneval und TangoSeit 1914 nahmen auch Tango-Combos am Karneval teil, Vincence Greco, Canaro, Fresedo oder Firpo bespielten die großen Häuser wie das Teatro Nacional, das Teatro Opera, den Luna Park, den legendären ehemaligen Eispalast Pabellón de las Rosas und für einige Jahre auch das Teatro Colón. Ab 1940 bildeten die acht großen Karnevalsbälle den Höhepunkt des Tangojahres. Die großen Orquesta Típica hoben sich nun oft ihre Hits für den Karneval auf, testeten sie bei den Bällen, sodass die Plattenfirmen die populärsten Nummern im Anschluss auf den Markt werfen konnten. |
Carnaval de mi barriomit vielen Bildern von Wasserschlachten etc |
Carnaval de mi barrioIn 80 Tangos um die Welt von Tangomundo, Berlin |
Carnaval De Mi BarrioPablo Rodriguez & Noelia Hurtado, Antalya 2019 |
Höranleitung
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