Orquesta Típica Aníbal Troilo
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Spezialitätinniges Zusammenspiel zwischen Sänger und Orchester, schneller Wechsel zwischen lyrisch und rhythmisch
Eine schöne Diskografie findet sich hier: La Milonga di Alvin. |
Stilkomplex, dynamisch, poetisch kontrastreich, der Klang von Troilos Bandoneon |
Größte Hits:Toda mi vida (1941, Fiorentino), Uno
(1943, Marino), Sur (1948, Rivero) |
Wichtige Sänger:Francisco Fiorentino (1937-1944) |
Bedeutende Musiker:Piano: Orlando Goñi (1937-1943), musikalisches Genie, Bohemien Geige: David Díaz, spielte von 1938-1975 die erste Geige Bass: Kicho Díaz, Metronom und
Kraftzentrum (1937-1959)
Quellen: |
EinleitungAníbal Troilo eroberte die Herzen der Porteños mit seinem
einfühlsamen Bandoneonspiel, einem unvergleichlichen
Charakter und mit seiner großen Güte und Menschlichkeit. Nicht umsonst feiert Argentinien an seinem Geburtstag gemäß dem Gesetz Nr. 26.035 den Día Nacional del Bandoneón. Troilo war erst 23, als er mit seinem Orchester
debütierte. Zusammen mit seinen Musikern brachte er den Tango um 1940 zu seiner vollen Reife. Er gab seinen grandiosen Sängern viel Raum und ließ ihre Stimmen mit der begleitenden Musik des Orchesters immer mehr verschmelzen. Sein Stil wurde für viele zeitgenössische
und nachfolgende Orchester wegweisend: eine um oft traurige und melancholische Texte
arrangierte feinfühlig orchestrierte Mischung aus Rhythmus
und filigranen Melodien. Zusammen mit Juan D’Arienzo, Carlos Di Sarli und Osvaldo Pugliese zählt er zu Recht zu den Großen Vier des Tangohimmels. |
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Vom Kinderstar zum OrchesterleiterPichuco war ein leidenschaftlicher Fußballer. Daher
klingt die Anekdote schön, dass der Zehnjährige zum ersten
Mal ein Bandoneon hörte, als er einen verschossenen Ball
aus einem Café der Nachbarschaft holte. Der Klang des Bandoneons faszinierte den Kleinen
jedenfalls früh. Trotz größter Armut erstand die Mutter,
seit einigen Jahren verwitwet, deshalb für ihren Jungen
ein echtes Doble-A (=Alfred Arnold aus Sachsen). Es begleitete ihn fast bis an sein Lebensende. |
1933 war Troilo mit dabei im Sextet von Vardaro, wo wir ihn zum ersten Mal hören können.Tigre Viejo, 1933 Die Aufnahme ist ein sogenannter Acetat-Mittschnitt, der direkt in Vinyl erfolgte, was weniger aufwändig war, als der Direktschnitt in Wachs, der dann in einem langwierigen Prozess als Master aufbereitet werden musste. und in diesem Filmausschnitt sehen wir den jungen Troilo
noch ohne Buddha-Gesicht im Film Cuidad ebenfalls mit dem
Vardaro-Sextett.
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Im Cabaret Marabú (1937) und Tibidabo (1942)
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1946: u.a. mit Troilo (Mitte), Manzi, Razzano, Ortiz, Lomuto, Castillo, Maffia, Laurenz![]() Toda mi vida - 1940 - Fiorentino - mit vielen Bildern der Musiker |
Zita1938 hatte Troilo die Liebe seines Lebens kennengelernt,
die griechischstämmige Ida Calachi, genannt ‚Zita’. Schon nach einem halben Jahr bezogen sie eine gemeinsame
Wohnung. Sie war ihm zeitlebens bis zu seinem zu frühen
Tod eine enge Freundin. |
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Aníbal Troilo - Bandoneón„Er spielt einen Ton und trifft dich damit mitten ins
Herz!“, rühmt ihn Pascual Mamone. |
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Singen wie Gardel – von Arrangeuren und RadiergummisDie Komponisten lieferten selten vollständige Notensätze,
sondern, in Form von Klaviernoten (Bass und Melodiestimme(n) ), nur Melodien für
Strophe, Refrain, sowie rhythmische Muster für die Begleitung
und im besten Fall Vorschläge für bestimmte Soli. Jedes Orchester arrangierte dann in seinem Stil,
verteilte Abschnitte und Soli auf die verschiedenen
Instrumente, gestaltete Intros und Übergänge. Troilo war ein musikalischer Autodidakt ohne fundierte
Ausbildung. Er hatte aber ein großes Geschick für feine, komplexe
und dennoch ausgewogene Arrangements. Das Setzen der Noten für ein vielköpfiges Orchester
überforderte ihn daher. Und so überließ er es schon bald
professionellen Arrangeuren, nachdem die Reihen der
Bandoneons und Geigen weiter gewachsen waren. In den Vierzigern kamen dann auch noch die Stimmen von Viola und Cello mit ins Orchester. Die groovenden Hits der Jahre 1941 und 1942 prägten
Orlando Goñi sowie der fleißige, stilsichere Arrangeur Hector María Artola. Seit 1942 tobte sich in dieser Rolle neben Argentino Galván, der schon für das Orchester von Miguel Caló wegweisend war, auch der Querkopf Astor Piazzolla aus, der von Troilo immer wieder zurechtgestutzt werden musste. Troilo wollte immer, dass das Orchester selbst mit so
viel Ausdruck spielt wie eine menschliche Stimme, ja, es sollte klingen wie Carlos Gardels Gesang. Dies erklärt die starken Wechsel in der Dynamik, der
Klangfarbe und der Instrumentierung. Gleichzeitig bettete
er den Sänger wie ein weiteres Instrumente vollständig in
das Orchester ein und ließ ihm oft viel Raum. |
Gesang und Musik verschmelzen miteinander, ergänzen sich
mit Gegenmelodien, die Instrumente nehmen den Einsatz des
Gesangs vorweg oder untermalen ihn. Oft ist es ein Geigen-
oder Bandoneonsolo, das die Emotion des Textes verkörpert. Nachdem das Orchester 1943 durch Cello und Viola erweitert worden war, wurde der Kontrast zwischen sinfonischen, druckvollen Passagen und leisen, ineinander verwobenen Melodielinien noch größer. Wenn seine Arrangeure die fertigen Stücke dann mit dem
Orchester probten, kam Troilos gefürchtetes Radiergummi
zum Einsatz. Mit untrüglichem Gefühl strich er Noten und
ganze Passagen, damit die Musik genug Luft hatte. Vor allem in den Aufnahmen der 50er Jahre, die seit 2024 in gelungenen Transfers bei www.tangotunes.com angeboten werden, lässt sich diese Luftigkeit entdecken.
Troilo, der KomponistTroilo komponierte selbst rund 60 Tangos, einige wie Toda mi vida (1941), Barrio de tango
(1942), María (1945), Sur
(1948) oder Romance de barrio (1947) zählen
zu den großen Klassikern. Bahnbrechend war seine Zusammenarbeit mit den begnadeten Tangopoeten der 40er-Jahre wie Homero Manzi oder José María Contursi. Letzterer verewigte das unermessliches Liebesleid um seine unerfüllte Liebe zu der selbstbewussten Provinzschönheit Gricel in rührenden wie beklemmenden Texten. (Hier geht's zum Liebesdrama) |
Francisco Fiorentino – Prototyp des Cantor de OrquestaFiore, so sein Spitzname, begann eigentlich als
Bandoneonspieler, sang aber, z.B. bei Francisco Canaro,
schon in den 20ern die Refrains. Troilo bettete
Fiorentinos Gesang in seine filigranen Arrangements ein.
Und so entwickelte er sich zum bis heute legendären
herausragenden Cantor de Orquesta (=Orchestersänger) der
frühen Vierziger. |
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Weitere SängerNicht nur der allgemeine Trend, langsamer zu spielen,
veränderte nach 1941 den Sound, sondern auch ein neuer
Sänger. In den folgenden Jahrzehnten liehen unter anderem große Gesangspersönlichkeiten wie Floreal Ruiz, Raúl Berón, Edmundo Rivero oder Roberto Goyeneche diesem wunderbaren Orchester ihre Stimme. |
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Edmundo Rivero (1947-1950)
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Sur (1948)
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Roberto Goyeneche (1956-1963)
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SurRoberto Goyeneche |
Musiker |
Die Brüder Díaz – langjährige Stützen des OrchestersGoñi, Troilo und Fiorentino phrasierten oft sehr frei,
spielten bewusst mal vor, mal nach dem Beat. Möglich
machte dies über zwei Jahrzehnte das stets präzise,
sichere Bassspiel von Kicho Díaz, der 1938, auch erst 20
Jahre alt, zum Orchester stieß. David, Kichos Bruder,
strich sogar fast vier Jahrzehnte lang, von 1937 bis zu
Troilos letzten Auftritten 1975, die erste Geige.
Astor Piazzolla – auf dem Weg in die Tango-ModerneSo wie der kleine Troilo selbst ein gutes Jahrzehnt zuvor
die Auftritte des Sextetts der Brüder De Caro bewundert
hatte und sich daran schulte, so verfolgte der junge
Astor, der traditionellen Szene in Liebe und Skepsis
verbunden, um 1939 die Auftritte von Troilo im Café
Germinal, bis er alle Stücke auswendig konnte. Als ein Bandoneonspieler erkrankt war, nutzte der 18-Jährige seine Chance, spielte vor und wurde in das Orchester aufgenommen. Er war ein unruhiger, verspielter Geist, Troilo verpasste ihm nicht von ungefähr den Spitznamen Gato (Katze). 1942 drängte der frühreife, geniale Piazzolla, der sich
permanent in Komposition weiterbildete, auch in die Rolle
des Arrangeurs und forcierte die musikalische Entwicklung
des Orchesters mit abwechslungsreich orchestrierten
Klassikern wie Uno (1943, Marino), Inspiración (1943) oder
Chiqué (1943), letzteres mit einem wunderbaren
Bandoneonsolo von Troilo als Finale. Tänzer taten sich mit diesen Arrangements damals schwer. Das
störte Astor nicht, er mochte die Cabarets sowieso nicht,
und in seinen Augen bremsten die Tänzer die musikalische
Weiterentwicklung des Tango. Schließlich verließ er Troilo im Juni 1944 nicht gerade im Frieden, kehrte aber nach 1950, als der Tango seine Bedeutung als Tanzmusik schon verloren hatte, als wichtigster Arrangeur zurück. |
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Der spätere Troilo |
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Troilo war in seiner späten Phase nach 1960 bis zu seinem
zu frühen Tod im Mai 1975 mit Konzertmusik sowie Shows in
Fernsehen und Theatern musikalisch aktiv. Oft schleppte er
sich mit eingeschränkten Kräften auf die Bühne. Oft übernahm einer seiner Musiker besonders anspruchsvolle Passagen. Das Troilo-Grela-QuartettNach einem bejubelten gemeinsamen Auftritt mit dem Gitarristen Roberto Grela gingen beide nach 1953 zweimal ins Studio. Im Gegensatz zu den sehr reich arrangierten Orchesterstücken reizen diese oft nur nach Absprache, also a la parilla arrangierten Quartett-Aufnahmen dadurch, dass man Troilos frisches, gefühlvolles Spiel mit dem Gardel der Gitarre unmittelbar heraushört. |
Troilo für TanzendeAus der Vielzahl musikalischer Perlen eine repräsentative
Best-of-Liste zu erstellen fällt schwer! |
Tinta rojaHoracio Godoy and Cecilia Berra, Aníbal Troilo-, PLANETANGO-XXIV Festival |
Yo soy el tangoHoracio Godoy and Cecilia Berra, 4-5, Moscow, Russia, Planetango16, 11.02.2016 |
Toda mi vida Luna Palacios and Javier Rodriguez - London 2017
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Lyrische MeisterstückeMit Alberto Marinos Stimme änderte sich das Repertoire
noch stärker hin zu zärtlicheren Einspielungen wie Uno
(1943), Torrente (1944) oder María
(1945). Auch wunderbare Tangos mit Fiorentino wie Farol
(1943), Gime el viento (1943) und Yuyo verde (1945) oder La noche que te
fuiste (1945), gesungen von Fiorentinos
Nachfolger Floreal Ruiz, folgen diesem Trend. Sur
(1948), Troilos wohl berühmteste Komposition mit der ganz
eigenen Stimme Edmundo Riveros, war Troilos liebster
gesungener Tango. |
Corazon No le hagas casoDiego Riemer y Maria Filali - Paris - 2018 |
MariaAriadna Naveira & Fernando Sanchez - Oslo May 2015 |
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En esta tarde grisCarlitos Espinoza & Noelia Hurtado - Freiburg - 2012 |
Gricel Ewa Wojtkiewicz and Piotr Roemer - Warschau 2018
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La noche que te fuisteChristian Marquez et Virginia Gomez (Los Totis) - Montreal - 2014 |
UnoVirginia Gomez and Christian Marquez – – Warschau,
2019
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Spätes:La bordonaLorena Tarantino & Gianpiero Galdi - Istanbul 2019 |
Anspruchsvolle ValsesWie nur wenigen anderen gelang es Pichuco, Valses
einzuspielen, die genretypisch mit großer Energie im Dreivierteltakt
vorantreiben und gleichzeitig angefüllt sind mit
abwechslungsreichen, anspruchsvollen Spielereien: |
Valsecito amigoEva Icikson and Brenno Marques – Bratislava 2018 |
Lloraras, llorarasLorena Tarantino y Gianpiero Ya GaldiQuerido Milonga, Tel-Aviv -2019 |
Milongas für KennerMano brava (1941, Fiorentino), Ficha de oro (1942, Fiorentino) und De pura cepa (1942, Instrumental) ergeben eine anspruchsvolle, energiereiche Milonga-Tanda. |
Mano bravaNoelia Hurtado and Carlitos Espinoza Cluj 2017 |
Con todo la voz que tengoClarisa Aragon and Jonathan Saavedra – Berlin 2017 |