Orquesta Típica
|
Loca1955 Live im TVDiskografieEine schöne Diskografie findet man bei La Milonga di Alvin |
Merkmale:rhythmisch, Betonung aller vier Schläge, kraftvolles Klavier, Geigensoli auf der tiefsten Saite
Stil:voller Energie und akzentuierter Rhythmen
|
Größter Hit:"La Cumparsita" (1943) Diese Schellack mit der Milonga "La Puñalada" auf der Rückseite wurde über 17 Mio. Mal verkauft! |
Wichtige Sänger:- Alberto Echagüe - Hector Mauré - Armando Laborde |
Bedeutende Musiker:- Piano: Rodolfo Biagi, Juan Polito, Fulvio Salamanca - Bandoneon: Hector Varela - Geige: Cayetano Puglisi |
Der Rey del Compás
|
Rodolfo Biagi - Manos Bruchas9 de Julio - der neue StilD'Arienzo tauchte im Cabaret Chantecler, dem Stammspielort des Orchesters, oft erst später auf. So konnte seine Band am frühen Abend ohne ihn etwas freier
spielen, experimentieren. An einem Abend im Dezember 1935
verlangte das Publikum 9 de Julio, aber so, wie sie es
vorher gehört hatten. D'Arienzo staunte selbst über seine
energiegeladene, nervöse, frische Band, war begeistert und
spielte den ganzen Abend so. 9 de Julio
wurde am 31.12.1935 zusammen mit dem Vals Orillas
del Plata aufgenommen, ein neuer Stil war
geboren, die Epoqua de Ora des Tango war eingeläutet. Die Rolle Biagis
Biagis Fills hüpfen wie kleine Kobolde zwischen die vom
Orchester gespielten Phrasen, meist entschlüpfen sie der
rechten Hand als rasend schnelle, hellklingelnde
Tonkaskaden, doch auch mit der Linken grollt Biagi
überraschend und frech in den Bass-Registern, und treibt
das Orchester zwischendurch mit melodia ritmica für einige
Takte voran oder übernimmt ein kleines Solo. In manchen
Instrumentalen wie der Milonga La Puñalda,
die einschlug wie ein Hammer, oder den Tangos El
Flete, El Irresitible, El
Horizonte scheint Biagi wie ein frecher Jazzer
überall zu sein Jetzt lebte er seine Vision aus. Zwar haben seine Fills
auch etwas Wiederholendes, Musterhaftes. Sein nervöses,
quirliges, vibrierendea Klavierspiel ist aber in jedem
Fall der wichtigste Baustein für den Rausch, den D’Arienzo
vor allem bei jungen Menschen der Stadt auslöste.
Die singende SaiteD'Arienzo nutzte über vier Jahrzehnte das Stilmittel des
auf der tiefen Seite legato gespielten Solos, Cayetano
Puglisi produzierte seit den Vierzigern bis in die
Siebziger diesen legänderen Sound. |
Radio El MundoJaime Yankelevichs Radio Belgrano dominierte bis 1935 den
Markt. Programmdirektor Pablo Osvaldo Valle formte 1936 Radio El
Mundo zum "Tango-Radio", und wichtigster Blockbuster war
ab Januar 1937 das Orchester Juan D'Arienzos, der El Mundo
über Jahrzehnte fest verbunden blieb. Im ganzen Land saßen
Menschen vor den Radios und hörten die treibenden Klänge
des Rey del Compas.
Karneval in MontevideoAls Folge der Übertragungen aus dem Studio A von Radio El
Mundo spielte D'Arienzo den Karneval 1937 in Montevideo,
wo die narrischen Tage damals sogar mehr Energie und
Bedeutung hatten als in Buenos Aires. Und so wechselte das Orchester nun die nächsten zwanzig
Jahre am Ende des Karnevals in das Casino Hotel Carrasco
in Montevideo, die Band verbrachte im Anschluss oft noch
viele Wochen zur Erholung dort.
La PuñaladaUnd 1937 in Montevido entstand auch der erste Superhit,
die Milonga La Puñalada:
Mehrere OrchesterÄhnlich wie Fresedo in den Zwanzigern stellte D'Arienzo nun B-Orchster zusammen, um allen Nachfragen nachkommen zu können. Er selbst tourte abends durch die Stadt und wedelte überall für eine Weile den Taktstab, die Geige hatte er ja schon Anfang der Dreißiger zur Seite gelegt. |
Der Musiker D’ArienzoD’Arienzo erblickte im Jahr 1900 das Licht der Welt. Die
Mutter förderte die musikalische Begabung ihrer Kinder,
der Vater, Besitzer einer kleinen Fabrik, hätte Juan
lieber als Jura-Studenten gesehen, von ihm lernte der
junge Juan aber den Sinn fürs Geschäftliche, schon früh
erwies er sich als sehr geschickter Verkäufer. In den 20ern agierte er in Kinos, Theatern sowie mit
Tango- und "Jazz"-Combos. 1933 legte der Rey del Compás seine Geige zur Seite und zelebrierte sich von nun an als immer wilder agierender Orchesterleiter. Die musikalische Feinarbeit, natürlich nach seinen Vorgaben, überließ er zunehmend seinen Arrangeuren.
Der KomponistAus seiner Feder flossen dutzende Tangos, darunter so wunderbare Stücke wie Paciencia (1937, 1951), Hotel Victoria (1935) oder Bien Pulenta (1950). |
Ein Sänger muss her: Alberto Echagüe (1909-1987)
|
Der Meister und seine Musiker
Biagi fliegt rausOsvaldo Pugliese, überzeugter Kommunist, führte sein Orchester wie ein Kollektiv. D’Arienzo war aus anderem Holz geschnitzt. Als Biagi Mitte 1938 für ein Klaviersolo einen so stürmischen Applaus erhielt, dass er aufstand und sich dafür verbeugte, musste er gehen, so wird erzählt. Allerdings geht man davon aus, dass Biagi schon längst mit einer eigenen Karriere geliebäugelt hatte. Neben dem Meister war jedenfalls kein Platz für einen zweiten Star. |
1940 Ein neues Orchester für den KönigDas argentinische Journal Antena berichtete im April 1940:
Der Innovater Hector VarelaNatürlich war D’Arienzo 1940 ein Mythos und einer der
besten Arbeitgeber. Trotzdem verließ ihn Anfang 1940
während des schon traditionellen Aufenthalts in der
Sommerfrische in Montevideo seine gesamte Mannschaft
einschließlich des Sängers Alberto Echagüe. Weil D'Arienzo
eine Erhöhung des auch bisher schon beachtlichen Salärs
verweigerte, starteten sie unter der Leitung des
bisherigen Pianisten und Arrangeurs Juan Polito ihr
eigenes Projekt. Zwar schlug sich der Trupp viele Jahre
ganz gut durch, großer Erfolg stellte sich aber nicht ein. Quirlig und umtriebig wie D’Arienzo war, konnte er bald
mit einem neuen, noch hochkarätigeren Ensemble antreten.
Der Bandoneonist Hector Varela stellte ihm seine gerade
neu geformte Truppe zur Verfügung. Dazu gesellte sich der
legendäre Geiger Cayetano Puglisi und intonierte von nun
an die typischen langgezogenen Soli auf der tiefsten
Geigensaite. Fulivo Salamanca - neues Kraftzentrum am Piano
|
Das neue Orchester von 1950 - 1957
|
Die späten Jahre- Juan Polito, Ernesto Franco, Osvaldo
Ramós
|
D'Arienzo en Japon?1968 und 1970 machte sich das Orchester, vom japanischen
Kaiser persönlich eingeladen, auch ins ferne Japan auf.
Alberto Echagüe sang dort sogar einen Tango auf japanisch.
Allerdings waren sie ohne den Maestro unterwegs, der wegen
Carlos Gardels tragischem Tod bei einem Flugzeugabsturz
zeitlebens das Fliegen verweigerte.
D'Arienzo privatWas wollte D’Arienzo auch in Japan, er war ein
waschechter Porteño, neben der Welt des Tango galt seine
Leidenschaft dem Spiel. Ein guter Teil seiner immensen
Einkünfte verpuffte auf den Pferderennbahnen, beim
Roulette, aber auch mit den Zigarillos, die ihn ständig
begleiteten.
|
|
||
|
De Pura CepaJonatan Agüero & Virginia Pandolfi, Sunderland/BA,
2016
|
El esquinazoDiego Quispe & Marina Alcalde, Obelisce Tango, 2015
|
Rasante ValsesD’Arienzo wollte, dass der Saal rockt, dass die Tänzer
mitgerissen werden. Er spielte daher im Verhältnis viele Milongas und Valses
ein. Die Konzentration auf den Beat funktioniert bei den
Valses fast durchgehend, wie die Milongas zählen sie zum
Standardrepertoire jedes DJs. In Orillas de Plata (1935) treibt eine präzise Rhythmusmaschine aus Bass, linker Klavierhand und Bandoneons voran, während das typische Geigensolo die Tänzer schweben lässt. Miedo (1940), eingespielt vom Star-Orchester mit Varela, Salamanca, Puglise und dem Sänger Mauré, beeindruckt mit Geschwindigkeit, Energie, Subtilität und einem komplexen, melodiösen Arrangement. Insbesondere die intensiven Valses der frühen 40er mit
Héctor Mauré als Sänger sind vielfach in rasend schnellem
Tempo eingespielt: Adiós querida (1941, 78
bpm), Miedo (1940, 75 bpm), Flor de
Mal (1940, 74 bpm).
Flor del malMaria Ines Bogado and Sebastian Jimenez, Lodz, 2014
|
Valsecito de antes (1937)
|
Amor y Celos (1936)
|
Tangos im TaktschlagDie ersten drei Dutzend Aufnahmen mit dem neuen Orchester
von 1935 wie Re fa si (1935) oder Rawson
(1936) sind fast durchgehend instrumental, der
stakkatohaft vorgetragene Beat ist sehr dominant. Besonders filigrane rhythmische Spielereien Biagis finden
sich in Pico Blanco (1939) oder in Mandria
(1939) mit Alberto Echagüe. Der Sound zu Beginn der 40er-Jahre ist viel
reichhaltiger. Maurés Gesang darf mehr in den Vordergrund
treten, scheint teilweise im Wettstreit mit den betörenden
Melodielinien von Puglisis Geige zu stehen, während das
sehr viel breiter angelegte Klavierspiel Salamancas die
komplexen Arrangements antreibt. Man hört dies sehr schön in Claudinette
(1942) oder in der fantastischen Version von Uno
(1943) mit Héctor Mauré. |
AnsiedadYanina Quinones Neri Piliu - Zürich - 2018RawsonJose Luis Salvo e Carla Ross, Mailand, 2019
|
Trago AmargoGustavo Rosas y Gisela Natoli - Catania - Sizilien -
2010
|
Bis 1975 nahm D’Arienzo auf. Und er blieb sich treu. Zwar gab auch er, dem Geschmack
der Zeit folgend, den Sängern mehr Raum, doch er
degradierte sich nie zur Begleitung eines divenhaft
verehrten Sängers, wie er es im erwähnten Interview von
1949 den anderen Orchestern vorwarf. Stattdessen entstanden zum Beispiel sehr energiereiche
Instrumentalnummern wie Tucumán (1950) oder
Yapeyú (1951), kräftige Stücke mit seinem
wichtigsten Sänger, Echagüe oder aufwändig arrangierte
wuchtige Einspielungen mit dem grandiosen Sänger Osvaldo
Ramós wie Sentimiento Gaucho (1965) oder Mi
Dolor (1972).
|
|
|
Aus dieser späten Zeit gibt es auch noch einige packende,
außergewöhnliche Instrumentalnummern. Adios Coco
|
|
|
Von großer Qualität sind die insgesamt sechs Einspielungen von "La Cumparsita" zwischen 1928 und 1971, wobei die von 1951 als die stärkste angesehen wird.
La Cumparsita (1928) D'Arienzo vor D'Arienzo
|
La Cumparsita (1951) der Klassiker
|
La Cumparsita (1961) - TVBeeindruckend das gemeinsame Solo der Fila del bandoneon |
La Cumparsita (1971) die letzte Einspielung
|