Orquesta Típica
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![]() (2020) |
Der Pianist Lucio Demare trieb die Entwicklung des Tango
zwar nicht so voran, wie die ‚Großen Vier‘ D‘Arienzo, Di
Sarli, Troilo und Pugliese. Doch sein ganz eigener,
unverwechselbarer, oft magischer Sound rührt die Herzen.
Tänzer lieben seine Musik, die kunstvoll in präzisen
Arrangements rhythmische Spielereien mit subtilen
Melodieführungen kombiniert. Doch Demares Leben und
musikalisches Schaffen stehen auch exemplarisch für die
vielen Wege, auf denen sich Tango nicht nur in
Argentinien, sondern auch in Europa entfaltete. |
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Die MusikTanzende liebten Demares Musik schon damals wegen des
ganz eigenen Charakters und strömten in Cafés und
Cabarets, aber auch Sendeplätze im Radio sicherten ihm
Bekanntheit im ganzen Land. Odeon, Demares Plattenlabel, produzierte 1938 zwei
Schellacks. Wie Aníbal Troilo oder Pedro Laurenz gewährte Odeon
Demare für Jahre keine weitere Aufnahmen. Erst 1941 scharte sich das Orchester wieder um ein Mikrofon. Weil höchste Qualität und die Verwirklichung seiner Ideen für den Perfektionisten Demare immer Vorrang vor kommerziellem Erfolg hatten, begab er sich nur ins Studio, wenn er von einem Titel absolut überzeugt war. Und so wurden von seiner wunderbaren Musik zwischen 1938 und 1945 nur 65 Titel ins Wachs geschnitten. |
Telon - 1938 - Miranda |
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Schon in den ersten Aufnahmen aus dem Jahr 1938 wie Telón
und Din Don mit seinem ersten Sänger Juan
Carlos Miranda oder der Instrumentalnummer La
Racha findet sich das Charakteristische des
Demare-Sounds: Von den Streichern im Stakkato gespielte,
synkopierte rhythmische Phrasen, die sich teilweise in
regelrechte Energie-Eruptionen steigern, kontrastieren mit
wunderschön gesungenen oder von den Geigen gestrichenen
Melodien und Gegenmelodien. Weiche und eher rau gespielten
Passagen folgen aufeinander in raschem Wechsel. Einer
Dominanz der Geigen stehen kurze, druckvolle
Bandoneon-Passagen gegenüber. Und überall dazwischen
taucht das elegante Klavierspiel Demares auf, mal
romantisch melodiös perlend, mal in den tiefen Registern
kraftvoll den Beat markierend, aber immer äußerst exakt
und gefühlvoll. |
Din Don - 1938 - MirandaDas ist ein schönes Video, weil es viele Bilder von Lucio Demare lebendig werden lässt. La Racha - 1938 - Instrumental |
Demares wunderbare Komposition Solamente Ella
(1944, Quintana) vereint beispielhaft diese Elemente.
Demaras Musik basiert auf einem insgesamt stetigen Compás.
Energie und Dynamik weisen eher kleinere Schwankungen auf,
es gibt wenige Soli. Hier zeigt sich der Einfluss seines
Mentors Francisco Canaro. Aber die Magie, die musikalischen Abenteuer finden sich im Detail, in den filigranen, subtil auskomponierten, rhythmisch differenzierten Phrasen und feinfühlig vorgetragenen Melodien. Spätere Aufnahmen sind meist noch lyrischer. |
Solamente Ella - 1944 - Quintana |
Die MusikerDemare, ein begnadeter Pianist, der sein Orchester vom Klavier aus dirigierte, hatte einige großartige Musiker an seiner Seite. |
Der kleine JazzerDas Tango-Viertel Abasto war Heimat der aus Italien
stammenden Familie. Schon früh unterrichtete der Vater,
selbst professioneller Geiger, seinen Sohn. Bald konnte
den musikalischen Hunger des Kleinen, der oft genug über
dem Klavierspiel das Essen vergaß, nur der legendäre
Klavierpädagoge Vicente Scaramuzza stillen, der übrigens
auch Osvaldo Pugliese, Horacio Salgán oder Orlando Goñi in
die Geheimnisse rund um die schwarzen und weißen Tasten
einweihte. So wundert es nicht, dass Lucio schon im zarten
Alter von acht Jahren im benachbarten Kino von Nachmittag
bis Mitternacht Stummfilme begleitete, für 40 Pesos im
Monat. Eine Weile gab er sogar den Schiffsmusiker auf einem Dampfer, der zwischen Montevideo und Buenos Aires pendelte. Gesetze, die vor Kinderarbeit schützten, spielten im jungen Argentinien noch keine Rolle oder wurden nicht beachtet. Tangos, die Musik der Straße bzw. der Erwachsenen,
zählten noch nicht zum Repertoire, das aus
Opern-Bruchstücken und klassischen Liedern bestand, war
der Vater doch ein großer Fan italienischer Musik. Doch als Vorformen des Jazz von Norden aus den USA ihren Weg an den Río de la Plata gefunden hatten, schlugen sie auch den jungen Pianisten in ihren Bann. Mit 13 sorgte er am Piano eines Dixieland-Orchesters für den nötigen Swing. Sein Ehrgeiz, sein unermüdliches Üben und Studieren
lohnten sich. Adolfo Carabelli, eine der Schlüsselfiguren des
argentinischen Jazz wie auch des Tango der 20er-Jahre,
entdeckte den jungen Musiker und platzierte ihn am Piano
seiner Firstclass-Jazzcombo. Nun klimperte der Siebzehnjährige, der eigentlich noch kurze Hosen hätte tragen müssen, Nacht für Nacht im angesehen Cabaret Ta-Ba-Ris Swing und Boogie für die Haute-Volée der Stadt. Mit von der Partie war übrigens Juan D’Arienzo, der sich Mitte der Zwanziger als Jazzgeiger durchschlug. |
Das Trio ArgentinoEs war Francisco Canaro, der sein schon berühmtes Sängerduett Agustín Irusta und Roberto Fugazot, die sich selbst auf der Gitarre begleiteten, mit dem jungen Pianisten in Paris zu einem äußert populären Trio formte. Nach einer fulminanten Konzertserie in Madrid schlugen sie in Spanien Wurzeln, sangen sich im Gaucho-Kostüm mit ihren zarten Stimmen in alle Herzen und waren für die nächsten Jahre das Aushängeschild des Tango in Spanien. Radio-Auftritte machten sie zu Stars, die rund 50 Tangos, Valses und Milongas, die zwischen 1928 und 1934 entstanden, gingen weg wie frische Empanadas. Der spanische. Bürgerkrieg beendete das Abenteuer, 1937 endete auch die Zusammenarbeit mit Irusta und Fugazot. Doch 1945 gingen sie erneut auf Tournee, wofür Demare sogar sein Orchester aufgab. |
Das Trio Argentino![]() |
Die Welt des FilmsSelbst Hollywood warb Anfang der 30er-Jahren um die drei
jungen Argentinier, um in Anlehnung an Gardels Erfolge
Musical-Filme zu produzieren. Doch diese stellten lieber zwei eigene Filmprojekte in
Spanien auf die Beine. Das erste, Boliche
(1933), sorgte als erster Erfolg des spanischen Tonfilms
durchaus für Furore, wenn auch andere die Profite
abgriffen. Es war eine Art Road Movie, dessen Plot vor allem darauf
abzielte, die schon aus dem Radio bekannten Hits zum
Besten zu geben. Vielleicht liegt es auch an diesem zweiten Standbein, dass Demare die Karriere seines Tangoorchesters nicht ganz so intensiv verfolgte. Der Spanische Bürgerkrieg führte die Argentinier schließlich 1936 zurück in die Heimat, wo Freund und Förderer Canaro sie sofort in seinen zahlreichen Shows und Filmen einsetzte, bis sich Demare 1938 aufmachte, um seine eigenen musikalischen Vorstellungen zu verwirklichen. |
Der KomponistSchon der Teenager versuchte sich an Foxtrotts und Pasodobles, und Dandy, ein Tango, den der Zwanzigjährige in Paris schrieb, schaffte es ins Repertoire von Gardel oder Osvaldo Pugliese (1945, Chanel). Zu Beginn der 40er-Jahre mischte sich Demare mit dutzenden Tangos und Milongas unter die ganz großen Tango-Komponisten, zahlreiche bis heute unsterbliche Klassiker wie Telón, Hermana, Mañana zarpa un barco, Solamente ella, Tal vez será mi alcohol und natürlich Malena flossen aus seiner Feder. So wie er sich als Filmmusiker von Bildern inspirieren
ließ, komponierte er gerne zu Texten, und am liebsten
waren ihm die metaphorisch aufgeladenen Zeilen seines
Freundes und großen Poeten Homero Manzi. Als
dieser ihm die Textzeilen von Malena, Demares größtem Hit,
übergab, fiel ihm lange nichts ein. Um seinen Freund nicht
zu enttäuschen, wollte er wenigstens schon einmal eine
Idee zu Papier bringen, setzte sich in ein Café an der
Ecke, und, so berichtet er in einem Interview, schrieb die
Musik zu Malena in einem Satz in nur 15 Minuten. |
Mañana zarpa un barco - 1942 - MirandaTal vez será su voz - 1943 - Beron |
Die späten JahreIn den 60ern, als Tango kein Massenphänomen mehr war, finden wir Demare, den die Leidenschaft zu den Tasten nie verlassen hatte, als Pianist in den wenigen noch bestehenden Tangokneipen von Buenos Aires. Oft stand er zusammen mit der Sängerin Tania auf der Bühne des von ihr geleiteten Lokals Cambalache, wo sich auch die Freunde aus alten Tagen, Máximo Mori und Ciriaco Ortíz, einfanden. Später führte Demare seine eigene Bar, Malena del Sur in San Telmo im Zentrum der Stadt, wo er als Solo-Pianist auftrat. |
Die Musik |
Al compás de un tango - 1942 - MirandaYerpun Castro & Suri Bae - Puerto - 2018 |
Raúl BerónMit 27 Titeln war Raúl Berón wichtigster und
erfolgreichster Sänger. |
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Canta Pajarito - 1943 - BeronOigo tu voz - 1943 - BeronStelios Stampoulidis & Despina Amarantidou - Griechenland - 2019 |
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Horacio QuintanaEr fügt sich besser in das Orchester ein. Einige der 1944
entstandenen Tangos überraschen mit einem etwas
orientalischen Touch. Bei Oriente ist der
Titel natürlich schon Programm, aber auch Alhucema,
Están sonando las ocho oder Igual que
un bandoneón haben dieses Orient-Feeling, das
unter anderem durch die Verwendung entsprechender
Harmonien wie dem melodischen Moll
entsteht. |
Oriente - 1944 - QuintanaAlhucema - 1944 - Quintana |
Están sonando las ocho - 1944 - QuintanaIgual que un bandoneón - 1945 - Quintana |
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ValsesDemares leichte, melodiöse Valses Se fue und Al pasar (1943, Berón) oder Dos corazones (1944, Quintana) lullen Tänzer mit wunderschönen, verspielten Melodielinien ein, ohne auf feine rhythmische Phrasierungen zu verzichten. Romantik pur. |
Se fue - 1943 - Beron |
Al pasar - 1943 - BeronDos Corazones |
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MilongasDemares Milongas sind anspruchsvoll: Ein hohes Tempo und die dynamischen, abwechslungsreichen Phrasierungen verlangen genaues Zuhören, saubere Tanztechnik und gute Kommunikation im Paar. Neben klassischen Milongas wie der coolen instrumentalen La esquina (1938) oder Señores, yo soy del centro (1944, Quintana) war Demare auch ein Fan der um 1940 populären, für genussvolle Milongas aber zu schnellen ‚Milonga Candombe‘. Beispiele hierfür sind Negra María (Miranda, 1941) oder Carnavalito (1943, Berón). |
La esquina - 1938 - InstrumentalRoxana Suarez and Sebastian Achaval , San Fransisco 2016Wow, was ein Tanz!!Negra Maria - 1941 - Miranda |
Señores, yo soy del centro - 1944 - QuintanaCarnevalito - 1943 - BeronVirginia Pandolfi & Jonathan Aguero - New York - 2016 |
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Date |
Title |
Singer |
Genre |
13-Jun-1938 |
La racha |
Instrumental |
Tango |
13-Jun-1938 |
Telón |
Juan Carlos Miranda |
Tango |
12-Jul-1938 |
La esquina |
Instrumental |
Milonga |
12-Jul-1938 |
Din... don |
Juan Carlos Miranda |
Tango |
8-Oct-1941 |
Negra María |
Juan Carlos Miranda |
Milonga |
8-Oct-1941 |
Color de rosa |
Instrumental |
Tango |
23-Jan-1942 |
Malena |
Juan Carlos Miranda |
Tango |
23-Jan-1942 |
Tortazos |
Juan Carlos Miranda |
Milonga |
13-Mar-1942 |
Al compás de un tango |
Juan Carlos Miranda |
Tango |
13-Mar-1942 |
Ribereña |
Juan Carlos Miranda |
Vals |
14-Apr-1942 |
El naranjerito |
Juan Carlos Miranda |
Milonga |
14-Apr-1942 |
Un tango guapo |
Roberto Arrieta |
Tango |
20-Jul-1942 |
Mañana zarpa un barco |
Juan Carlos Miranda |
Tango |
20-Jul-1942 |
Nunca supe porqué |
Juan Carlos Miranda |
Vals |
3-Sep-1942 |
Soy muchacho de la guardia |
Roberto Arrieta |
Tango |
3-Sep-1942 |
Milonga en rojo |
Juan Carlos Miranda |
Milonga |
9-Oct-1942 |
No te apures Carablanca |
Juan Carlos Miranda |
Tango |
9-Oct-1942 |
El chupete |
Instrumental |
Tango |
10-Nov-1942 |
Canción de rango |
Roberto Arrieta |
Tango |
10-Nov-1942 |
Sorbos amargos |
Juan Carlos Miranda |
Tango |
9-Dec-1942 |
Tinta verde |
Instrumental |
Tango |
9-Dec-1942 |
Pa' mí es igual |
Juan Carlos Miranda |
Tango |
9-Jan-1943 |
Cómo se hace un tango |
Raúl Berón |
Tango |
9-Jan-1943 |
Carnavalito |
Raúl Berón |
Milonga |
11-Feb-1943 |
Me llaman El Zorro |
Raúl Berón |
Tango |
11-Feb-1943 |
No nos veremos más |
Raúl Berón |
Vals |
11-Feb-1943 |
El pescante |
Raúl Berón |
Tango |
11-Feb-1943 |
Pena de amor |
Raúl Berón |
Tango |
1-Apr-1943 |
Moneda de cobre |
Raúl Berón |
Tango |
1-Apr-1943 |
Chatero de aquel entonces |
Raúl Berón |
Milonga |
6-May-1943 |
Tal vez será mí alcohol |
Raúl Berón |
Tango |
13-Sep-1943 |
Tal vez será su voz (Tal vez será mí alcohol) |
Raúl Berón |
Tango |
6-May-1943 |
Soy del 90 |
Raúl Berón |
Tango |
10-Jun-1943 |
La cosa fue en un boliche |
Raúl Berón |
Tango |
10-Jun-1943 |
Ropa blanca |
Raúl Berón |
Milonga |
10-Jun-1943 |
Canta pajarito |
Raúl Berón |
Tango |
13-Jul-1943 |
Se fue |
Raúl Berón |
Vals |
13-Jul-1943 |
El baile de los domingos |
Raúl Berón |
Tango |
3-Sep-1943 |
Palomita mía |
Raúl Berón |
Tango |
3-Sep-1943 |
Una emoción |
Raúl Berón |
Tango |
3-Sep-1943 |
Al pasar |
Raúl Berón |
Vals |
25-Nov-1943 |
Oigo tu voz |
Raúl Berón |
Tango |
13-Oct-1943 |
Dos palabras, por favor |
Raúl Berón |
Tango |
21-Dec-1943 |
Luna |
Raúl Berón |
Milonga |
21-Dec-1943 |
Qué solo estoy |
Raúl Berón |
Tango |
13-Sep-1943 |
Y siempre igual |
Raúl Berón |
Tango |
12-Jan-1944 |
El barco 'María' |
Raúl Berón |
Tango |
21-Dec-1943 |
En un rincón |
Raúl Berón |
Tango |
13-Oct-1943 |
Mi vieja ribera |
Raúl Berón |
Tango |
24-Jul-1944 |
Solamente ella |
Horacio Quintana |
Tango |
24-Jul-1944 |
Están sonando las ocho |
Horacio Quintana |
Tango |
24-Aug-1944 |
Corazón no le digas a nadie |
Horacio Quintana |
Tango |
24-Aug-1944 |
Se va una tarde más |
Horacio Quintana |
Tango |
25-Sep-1944 |
Alhucema |
Horacio Quintana |
Tango |
25-Sep-1944 |
Dos corazones |
Horacio Quintana |
Vals |
11-Oct-1944 |
Torrente |
Horacio Quintana |
Tango |
11-Oct-1944 |
Oriente |
Horacio Quintana |
Tango |
14-Nov-1944 |
El aguacero |
Horacio Quintana |
Tango |
14-Nov-1944 |
Señores, yo soy del centro |
Horacio Quintana |
Milonga |
3-Jan-1945 |
Igual que un bandoneón |
Horacio Quintana |
Tango |
3-Jan-1945 |
Florcita |
Instrumental |
Tango |
21-Mar-1945 |
Lo mismo que un tango |
Horacio Quintana |
Tango |
21-Mar-1945 |
Me quedé mirándola |
Horacio Quintana |
Tango |
11-Jun-1945 |
Más allá de mi rencor |
Carlos Bernal |
Tango |
11-Jun-1945 |
Nos encontramos al pasar |
Horacio Quintana |
Tango |